Alles was Wohneigentümer wissen müssen — Jeden ersten Donnerstag des Monats.
Alles was Wohneigentümer wissen müssen — Jeden ersten Donnerstag des Monats.
Die Besteuerung des Eigenmietwerts ist seit Jahrzehnten ein Politikum in der Schweiz. Jetzt kommt es zur Abstimmung: Am 28. September stimmt die Stimmbevölkerung an der Urne über die Abschaffung des Eigenmietwerts ab. Wer würde davon profitieren? Wer würde verlieren? Worum geht es überhaupt? Erfahren Sie alles, was Sie über den Eigenmietwert und die Abstimmung wissen müssen.
Der Eigenmietwert ist keine spezielle steuerliche Regelung in der Schweiz. Es gibt auch andere Länder in Europa, die Steuern basierend auf dem Eigenmietwert erheben, zum Beispiel Spanien, Italien, Luxemburg, die Niederlande und weitere. Der Ursprung des Eigenmietwerts in der Schweiz reicht über 100 Jahre zurück: 1915 wurde sie als einmalige Kriegssteuer eingeführt, im Jahr 1934 wurde sie zur Gesundung des Bundeshaushalts zuerst befristet als Wehrsteuer erhoben und schliesslich mit der Zustimmung von Volk und Ständen 1958 definitiv im Bundesrecht verankert.
Der Eigenmietwert basiert auf einem fiktiven Mehrwert, den Sie als Hauseigentümer mit Ihrer Immobilie erzielen, die Sie selbst bewohnen. Dieser fiktive Mehrwert wird von den Steuerbehörden festgelegt. Es handelt sich um geschätzte Einnahmen, die Sie erzielen würden, wenn Sie Ihre Wohnung oder Ihr Haus an Dritte vermieten würden. Dieser fiktive Eigenmietwert Ihrer Immobilie wird als Einkommen besteuert. Im Gegenzug dürfen Sie Schuldzinsen – also insbesondere die Hypothekarzinsen, die Sie für Ihr Wohneigentum bezahlen – sowie Renovationskosten vom steuerbaren Einkommen abziehen.
Der Hintergrund der Regelung: Mieter und Eigentümer sollen gleich behandelt und auf dieselbe Weise besteuert werden. Mieter können ihre Miete nicht von den Steuern abziehen. Eigentümer dagegen profitieren wegen der Abzugsmöglichkeiten für Schuldzinsen und Sanierungsaufwände von einer steuerlichen Entlastung. Der Eigenmietwert soll diese Vorteile ausgleichen.
Wie wird der Eigenmietwert in Ihrem Kanton berechnet? Lesen Sie unsere Artikelserie: Aargau | Appenzell-Ausserrhoden | Appenzell-Innerrhoden | Basel-Landschaft | Basel-Stadt | Bern | Freiburg | Genf | Glarus | Graubünden | Jura | Luzern | Neuenburg | Nidwalden | Obwalden | Schaffhausen | Schwyz | Solothurn | St. Gallen | Tessin | Thurgau | Uri | Waadt | Wallis | Zug | Zürich
Im Zusammenhang mit der Abstimmung vom 28. September 2025 in der Schweiz hört man landläufig oft die Begriffe «Eigenmietwert-Initiative» oder «Abschaffung des Eigenmietwerts». Doch der offizielle Titel des Geschäfts, das zur Abstimmung vor das Stimmvolk kommt, lautet: «Bundesbeschluss über die kantonalen Liegenschaftssteuern auf Zweitliegenschaften». Worum geht es da genau?
Es kann durchaus verwirren. Konkret stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung darüber ab, ob die Kantone eine Steuer auf Zweitliegenschaften einführen dürfen, um Steuerausfälle zu kompensieren, falls der Eigenmietwert wegfallen sollte. Der Eigenmietwert, der in der Vorlage gar nicht zur Sprache kommt, soll im Gegenzug abgeschafft werden – aber eben nur, falls Volk und Stände die Zweitwohnungssteuer annehmen.
Sollte dies geschehen, fallen also die fiktiven Einnahmen von Mietzinsen in selbst bewohntem Wohneigentum weg. Um einen Ausgleich zu schaffen, dürfen Sie dafür als Wohneigentümer in der Steuererklärung nur noch in sehr seltenen Fällen die Kosten für Hypothekarzinsen, den Unterhalt und die Renovation Ihres Wohneigentums abziehen.
Das Parlament hat bereits eine Gesetzesänderung verabschiedet, die die Besteuerung des Eigenmietwerts abschafft und die Abzugsmöglichkeiten für Erst- und Zweitliegenschaften einschränkt. Gleichzeitig hat es eine Verfassungsänderung beschlossen, die es den Kantonen erlaubt, eine besondere Liegenschaftssteuer auf überwiegend selbstgenutzten Zweitliegenschaften einzuführen, weil diesen sonst viele Steuereinnahmen entgehen.
Verfassungsänderungen aber müssen von Volk und Ständen angenommen werden. Die Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung ist mit der Verfassungsänderung rechtlich verknüpft. Deshalb entscheidet jetzt bei der Abstimmung die Zustimmung oder Ablehnung zur besonderen Liegenschaftssteuer darüber, ob die Besteuerung des Eigenmietwerts bestehen bleibt oder nicht. Es handelt sich um einen eigentlichen Systemwechsel bei der Besteuerung von Wohneigentum, der sich auf die Steuerbelastung von Wohneigentümern ebenso auswirkt wie auf die Einnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden.
Die Abschaffung des Eigenmietwerts geht auf eine parlamentarische Initiative zurück und wird vor allem vom Hauseigentümerverband und politischen Parteien getragen, die den Eigenmietwert als ungerecht empfinden. Sie argumentieren, dass es sich bei diesem um ein steuerliches Konzept handle, das Eigentümer mit einem fiktiven Einkommen besteuere, das sie ja gar nicht haben.
Viele Eigenheimbesitzer würden dadurch steuerlich belastet, obwohl sie in der Realität gar keine Einnahmen erzielen würden. Gerade ältere Wohneigentümer, die ihre Hypotheken auf ihr selbst bewohntes Wohneigentum oft weitgehend oder sogar vollständig abbezahlt haben, würden steuerlich mit diesem fiktiven Einkommen zu stark belastet. Das könne ihnen im Alter verunmöglichen, ihr Wohneigentum zu halten.
Die Eigenmietwert-Abstimmung polarisiert. Für die Abschaffung des Eigenmietwerts setzen sich die bürgerlichen Parteien ein. Sie argumentieren, dass der Eigenmietwert veraltet sei und Eigenheimbesitzer ungerecht benachteilige.
Gegen die Abschaffung stellen sich die traditionell linken Parteien, teilweise auch die GLP. Sie warnen davor, dass die Abschaffung der Abzüge für Hypothekarzinsen die Finanzierung neuer Immobilien erschweren könnte, besonders für junge Familien. Zudem befürchten sie Steuerausfälle bei Bund, Kantonen und Gemeinden, die durch andere Steuern kompensiert werden müssten, die wiederum den Mittelstand und Mieter ungerechtfertigt belasteten.
Ein Überblick über die Empfehlungen der grossen Parteien und Verbände:
Falls das Stimmvolk der Vorlage zustimmt, führt dies zu einem Systemwechsel bei der Besteuerung von selbst bewohntem Erst- und Zweitwohneigentum. Eine Annahme würde sich auf vielfältige Art auf den Immobilienmarkt in der Schweiz und auf die Besteuerung von Wohneigentümern auswirken.
Das sind die Hauptpunkte:
Bestehende Wohneigentümer: Für sie führt die Abschaffung des Eigenmietwerts vor allem zu einer steuerlichen Entlastung, wenn ihr Haus oder ihre Eigentumswohnung schuldenfrei oder weitgehend abbezahlt ist. Sie profitieren von der Neuerung, weil sie ohnehin nur geringe oder keine Schuldzinsen mehr abziehen könnten. Wer allerdings eine ältere, sanierungsbedürftige Liegenschaft besitzt, könnte in Zukunft genauer abwägen, ob er sie wirklich sanieren möchte, weil sich die Kosten dafür nicht mehr von den Steuern abziehen lassen.
Künftige Wohneigentümer: Für sie kann die Situation komplexer sein. Wer eine Immobilie kauft und dafür eine Hypothek aufnimmt, verliert mit einer Abschaffung des Eigenmietwerts den damit verknüpften steuerlichen Vorteil, die Schuldzinsen in der Steuererklärung abziehen zu können. Das könnte die Finanzierung von Wohneigentum erschweren und seinen Erwerb verteuern, gerade für junge Familien und Erstkäufer. Das neue Gesetz sieht deshalb vor, dass Personen, die zum ersten Mal in der Schweiz Wohneigentum als Erstliegenschaft erwerben, zeitlich und in der Höhe begrenzt von einem Abzug für Schuldzinsen profitieren.
Jeder Fall ist anders. Es hängt von vielen Faktoren ab, wer von einer Abschaffung des Eigenmietwerts konkret profitieren würde und wer nicht. Zustand, Alter der Liegenschaft, die Belehnungshöhe, der Hypothekarzins und das eigene Einkommen sind nur einige davon. Grundsätzlich gilt: Renovationsbedürftige Altbauten könnten eher an Attraktivität verlieren, weil Sanierungskosten nicht mehr abgezogen werden können, während Neubauten attraktiver werden. Am wenigsten entlastet werden Eigentümer, die eine sanierungsbedürftige Liegenschaft besitzen und gleichzeitig hohe Hypothekarschulden haben.
Bei einer Annahme der Vorlage kommt es zu einem Systemwechsel der Besteuerung von Wohneigentum in der Schweiz. Dieser Wechsel wirkt sich auf die Steuerpolitik ebenso aus wie auf die Wohnbaupolitik, auf die Möglichkeit, Wohneigentum zu erwerben und auf die Bau- und Renovationstätigkeit. Nicht zuletzt wirkt sie sich auf das Portemonnaie jeder Einwohnerin und jedes Einwohners der Schweiz aus – unabhängig davon, ob sie Wohneigentum besitzen oder nicht.
Während viele Eigentümer sich eine spürbare Entlastung von einer Abschaffung des Eigenmietwerts erhoffen, warnen Gegner vor negativen Auswirkungen auf die Staatsfinanzen und die Kaufkraft sowohl der jetzigen als auch künftiger Generationen.